Stellungnahme der IVS Wien zur Novellierung des Unterbringungsgesetzes
Im Jahr 2019 hat das Justizministerium die lange überfällige Novellierung des Unterbringungsgesetzes (UBG) in Angriff genommen. Ursprünglich war von der seinerzeitigen Schwarz-Blauen Regierung vorgesehen, das UBG im Rahmen des damals geplanten Gewaltschutzpaketes zu novellieren. Zum Glück ist damals gelungen, diese Thematik aus dem Gewaltschutzpaket herauszuschälen, um dem stigmatisierenden Kontext zwischen Menschen mit psychischen Erkrankungen und Gewalt vorzubeugen.
In der Folge hat das Justizministerium – angelehnt an die Erfahrungen bei der Novellierung des Erwachsenenschutzrechts – einen partizipativen Prozess aufgesetzt, in dem die Novelle des UBG vorbereitet wurde. Eingebunden waren neben Ärzt*innen, Jurist*innen, Patient*innenenanwält*innen und Vertreter*innen der Exekutive auch Psychiatrieerfahrene, die als Expert*innen in eigener Sache ihr Erfahrungswissen einbringen konnten. Dafür gedankt sei an dieser Stelle Dr. Peter Barth und Mag.a Ulrike Toyooka für die souveräne Moderation und die gelungene Einbeziehung der Selbstvertreter*innen.
Herausgekommen ist letztlich ein Entwurf, der einige deutliche Verbesserungen enthält, wie z.B.
• Unterbringungen können in Zukunft auch von behandelnden Fachärzt*innen angeregt werden, was aus Sicht von betreuenden Einrichtungen mühsame Diskussionen mit Polizist*innen über die Beiziehung von Amtsärzt*innen und lange Wartezeiten vermeiden kann.
• Aus Sicht der betreuenden Einrichtungen ist es auch ein Fortschritt, dass diese im Gesetz als solche überhaupt benannt werden, was bislang nicht der Fall war. Diese Einrichtungen, die ja in der Regel die Menschen mit psychischen Erkrankungen, die sie betreuen, sehr gut kennen, hatten bisher überhaupt keine Stellung im Unterbringungsverfahren. Nun gibt es zumindest in Ansätzen die Möglichkeit Stellung zu beziehen und angehört zu werden. Die IVS Wien wünscht sich in diesem Zusammenhang in ihrer Stellungnahme eine deutlichere Stärkung der psychosozialen Einrichtungen.
• Die Rechte der Menschen mit psychischen Erkrankungen werden im Unterbringungsverfahren deutlich gestärkt, wobei wir in unserer Stellungnahme darauf hinweisen, dass die laufende Aufklärung über diese Rechte nachweislich erfolgen muss., weil sich die Betroffenen gerade im Unterbringungsverfahren häufig als extrem rechtlos erleben.
Etwas halbherzig ist der Entwurf beim Thema Behandlungsvereinbarungen geraten, was aus Sicht der Psychiatrieerfahrenen besonders schade ist. Zwar wird die Erstellung eines Behandlungsplans – der die Behandlung bei zukünftigen Unterbringungssituationen gemeinsam mit den Patient*innen vorwegnehmen soll – angeregt, die Bestimmungen bleiben aber sehr vage, unbestimmt und unverbindlich.
Es stimmt aber natürlich auch, dass mit einer Novellierung des Unterbringungsrechts nicht die gesamte stationäre Psychiatrie reformiert werden kann, wiewohl diese eine solche Reform dringend notwendig hätte.
Den Link zu Stellungnahme finden Sie hier.
Die gesamten Unterlagen zur Novellierung finden Sie hier.
Robert Mittermair